fbpx

Die besten Tipps für effektives Üben

Übung macht den Meister! Wann ist es effektiv? Wie kann ich es im Gedächtnis festigen? Und warum verschlechtert sich die Leistung, wenn ich zu viel übe?

“Der Schlüssel ist nicht die Technik, sondern die Technik des Übens”, sagte Franz Liszt. Aber wie übt man am besten? Gibt es so etwas wie die perfekte Strategie? Im Durchschnitt verbringen angehende Berufsmusiker während ihrer Kindheit und Jugend 10.000 Stunden mit dem Spielen ihres Instruments – oft sogar noch vor Beginn eines Musikstudiums. Manche machen schneller Fortschritte als andere. Ist das alles eine Frage des Talents – oder der richtigen Übungsstrategie?

Welches Ziel haben Sie?

Wir müssen uns kleine Ziele setzen, um den inneren Schweinehund zu überwinden und uns zu motivieren. Ein Übetagebuch mit Etappen- und Tageszielen hilft dabei. Wenn man seine Ziele erreicht hat, sollte man sich auch eine kleine Belohnung gönnen, um die Motivation zusätzlich anzuregen.

Instrument spielen ist wie Sport!

Tägliches Einblasen ist für Blechbläser unerlässlich und sollte auch genauso behandelt werden, wie Sportler ihren täglichen Trainingsplan abarbeiten. Ein Blechbläser, plant jeden Tag eine Stunde dafür ein – noch vor der Orchesterprobe. Wie beim Sport kommt es auch bei Musikern oft vor, dass an einer anderen Stelle jeden Tag etwas zwickt oder schmerzt. Umso wichtiger ist es demnach “immer einzublasen”.

Richtige Wiederholungen sind wichtig

Wiederholung ist das A und O beim Üben, vor allem wenn es sich um komplexe Bewegungsabläufe handelt. Diese werden im Gehirn in den sogenannten Basalganglien abgespeichert und laufen dann unbewusst und automatisiert ab. Eckart Altenmüller, Professor für Musikphysiologie und Musikermedizin erklärt:” Die Basalganglien vergessen halt auch nichts”. Das Problem ist nur, wenn man etwas falsch eingeprägt hat, benötigt es viele Monate Zeit, bis man das wieder herausbekommen hat. Eine falsche Bogenhaltung beim Geigespielen zum Beispiel braucht bis zu 30.000 richtiger Wiederholung laut einer russischen Studie.

Präzision mit vielen Wiederholungen

Unsere Muskeln sind zunächst grobmotorisch, wenn wir ein neues Stück üben. Dafür ist im Gehirn sehr viel aktiv. Aber nach und nach werden unsere Bewegungen feiner und koordinierter. Wir lernen dabei, unsere Nervenzellaktivität zu hemmen. Die Feinmotorik ersetzt die Grobmotorik. Eckart Altenmüller hat bei einer Studie herausgefunden: Profi-Pianisten müssen täglich durchschnittlich 3 Stunden und 45 Minuten am Instrument verbringen, um ihre feinmotorische Präzision weiter zu verbessern.

Wenn eine Stelle nicht funktioniert, können unzählige Wiederholungen oft auch nicht weiterhelfen. Anstatt nach dem “Prinzip Hoffnung” weiterzumachen, ist es sinnvoller, nach dem eigentlichen Problem zu suchen. Augustin Hadelich kennt das: Oft funktioniert eine Passage auf der Geige gut, wenn er sie langsam und isoliert spielt – nicht aber im Zusammenhang. “Das liegt oft daran, dass die Finger einfach von woanders herkommen oder die Bewegung im schnellen Tempo anders aussieht”, erklärt der Geiger. Typisches Beispiel: schnelle Doppelgriffpassagen. Hadelichs Rezept: ein paar Mal langsam üben, dann sofort wieder im Tempo! “Einfach um zu sehen: Übe ich wirklich die richtige Bewegung?” Denn die soll ja in die Basalganglien einprogrammiert werden. “Sonst übe ich eine Situation, die ich am Ende gar nicht brauche”, meint Hadelich.

Nils Mönkemeyer hält nichts davon, einzelne technische Passagen zu üben. Er ist der Meinung, dass es wichtig ist Abläufe in die musikalische Vorstellung zu integrieren und dies oft beim Üben vergessen wird. Wenn man eine Stelle mit voller Emotion spielt, sieht auch die Bewegung ganz anders aus. Man sollte demnach Bewegungsabläufe nicht von dem trennen, was man mitteilen möchte.

Der verstorbene Musikpädagoge und Cellist Gerhard Mantel hatte einen grossartigen Tipp: Eine Passage mehrmals hintereinander zu üben und dabei jedes Mal den Fokus auf einen anderen Aspekt zu legen. Dies kann Lautstärke, Rhythmus, Tempo, Klangfarbe oder Artikulation sein. Der Hirnforscher Eckart Altenmüller stimmt dieser Übungsstrategie vollkommen zu. Er glaubt, dass es dem Gehirn viel leichter fällt sich Parameter zu merken, wenn sie einzeln beleuchtet werden. Auch wird es so für die folgenden Durchläufe einfacher sein sich an die Informationen zu erinnern.

Die Übestrategie, die hier vorgestellt wird, zielt darauf ab, den Original-Notentext zu verändern, beispielsweise durch rhythmische Varianten. Wie Altenmüller erklärt, werden die sehr schnellen Abläufe in den Basalganglien und Automatisationszentren in einem Teil des Gehirns gespeichert, während die langsamen Abläufe in einem anderen Teil der Grosshirnrinde abgespeichert werden. Dies bedeutet, dass man leicht hin- und herspringen kann und so das Stück in jedem Tempo reproduzieren kann. Darüber hinaus fördern Variationen die Motivation beim Üben und Vermeiden eine einseitige Belastung bestimmter Muskelgruppen.

Üben ist wichtig, aber auch Pausen dazwischen sind effektiv! Augustin Hadelich weiss aus eigener Erfahrung, dass man sich sonst verletzten kann. Eckart Altenmüller stimmt zu und meint, eine Dreiviertelstunde sei die perfekte Übungszeit für den Körper und Geist – danach brauchen beide nämlich etwas Ruhe. Morgens üben und anschliessend einen Mittagsschlaf halten funktioniert am besten: Denn wenn man frisch und gut ausgeruht ist sowie noch kein grosses Gehör hat, funktionieren Haarzellen im Innenohr besonders gut.

Wenn wir zu viel üben, kann das unsere Leistungen verschlechtern, aber es ist nichtsdestoweniger wichtig weiterhin zu üben, um sich die Bewegungsprogramme einzuprägen. Es ist bekannt aus der Sportpsychologie und tritt häufig auch bei Musikern auf. Übermässiges Training kann ursprünglich mühsam erarbeitete Fortschritte rückgängig machen. Dies liegt daran, dass unser Gehirn sich an schlechtere Haltungen oder Töne gewöhnt und diese langfristig speichert. Auch Konzentration lässt mit der Zeit nach, je mehr man trainiert – obwohl gerade die Konzentrationsfähigkeit essenziell für den Erfolg von allem ist!

Das mentale Üben von Instrumenten ist eine sinnvolle Methode, um die Zeit zu nutzen, wenn man beispielsweise im Zug sitzt. Dafür muss man den Notentext anschauen und sich alle Bewegungen sowie den Klang genau vorstellen. Der Effekt für unser Gehirn ist derselbe, als würden wir das Instrument tatsächlich üben. Mentales Üben kann zwar anstrengend sein, aber das Wissen, welches man auf diese Weise erlangt, ist in der Regel stabiler und tiefer verankert. So gesehen spart mentales Üben langfristig auch Zeit!

Kit Armstrong übt meist ohne Instrument, weil er die meisten manuellen Kunstgriffe schon ausführen kann. Er interpretiert die Noten, indem er sie anschaut und den Sinn versteht.

Augustin Hadelich ist ein Geigenvirtuose, der eine aussergewöhnliche Methode entwickelt hat, seinen musikalischen Part auswendig zu lernen. Er spielt die Geigenstimme ab und zu mit der rechten Hand am Klavier nach. Dadurch kann er sich an genau den Stellen “festbeissen”, wo er noch nicht alles perfekt auswendig gelernt hat. So hilft es ihm, das Stück besser zu verinnerlichen und im Kopf zu behalten.

Die meisten Musiker kennen das Lampenfieber. Etwas Adrenalin ist in solchen Situationen hilfreich, aber zu viel davon führt oft dazu, dass man anfängt zu schwitzen und zu zittern. Aus diesem Grund sollte man sich immer wieder positive Erinnerungen an vergangene Auftritte ins Gedächtnis rufen. Wichtig ist auch, sich beim Üben immer wieder die Situation auf der Bühne vorzustellen. Augustin Hadelich atmet beispielsweise gerne vor einem schwierigen Lagenwechsel ein – um die Position der Geige so zu beeinflussen, dass der Wechsel leichter gelingt. Sicherheit verschafft es ihm allemal, wenn die Situation auf der Bühne ähnlich ist wie beim Üben.

Carsten Duffin, ein erfolgreicher Hornist im Orchester, hat einen guten Tipp für alle unter massiver Auftrittsangst Leidenden. Sport und Yoga helfen ihm sich besser zu konzentrieren. Mentaltrainer Andreas Burzik rät zudem Erdungsübungen wie in den Boden stampfen, um die Energie wieder runterzubringen. Denn oft steigt das Adrenalin bei solchen Situationen an und man verliert die Kontrolle über seine Handlungen sowie das Instrument. Zuletzt noch einer grobmotorischen Bewegung vor dem Auftritt: Treppensteigen!

Andreas Burzik hat eine Methode entwickelt, die Musikern hilft sich besser zu fokussieren und das Gehirn beim Üben stärker anzuregen. Bei der herkömmlichen Herangehensweise wird mehr Wert auf Mechanisierung gelegt. Durch das Sich-vorsichtig-Heranspielen an die gewünschte Fassung greift das Gehirn in dem Moment zu, wo Sie eine Fassung erreicht haben, die sehr nah an dem ist, was Sie sich wünschen.” Das Ergebnis ist, dass man sich dadurch viel tiefer merken kann.